Am jüdischen Feiertag Yom Kippur 5780, am 9. Oktober 2019 kam es in Halle und Landsberg/Wiedersdorf zu einem antisemitischen, rassistischen und misogynen Anschlag bei dem zwei Personen von einem Rechtsterroristen ermordet wurden, nachdem es ihm nicht gelungen war, in die volle Synagoge einzudringen. Eine Person davon war Jana L. Obwohl der Anschlag einen schweren Einschnitt bedeutete, reiht er sich ein in eine Kontinuität antisemitischer Gewalt seit 1945.
Auch die rechtsextreme Anschlagsserie in Österreich zwischen 1993 und 1996, zeigt eine klare Kontinuität. Die Anschläge galten Angehörigen von Minderheiten, sowie Aktivist*innen, die sich für deren Rechte einsetzten. Die am 4. Februar 1995 in Oberwart ermordeten Roma Peter Sarközi, Josef Simon, Erwin Horvath und Karl Horvath wurden, trotz der gesellschaftlichen und medialen Ignoranz gegenüber dem Tathintergrund, Opfer einer rassistischen Ideologie.
Die gesellschaftliche und politische Aufarbeitung solcher Anschläge hat erhebliche Auswirkungen darauf, wie die Betroffenen das Trauma der Gewalt verarbeiten und ob und wie die Gesellschaft diese Einschnitte integriert. Nach Oberwart und Halle zeigt sich eine deutliche Differenz in der Wahrnehmung der Bedrohung und in der Dringlichkeit, dagegen zu handeln. Eine psychologisierende Medienberichterstattung, die Rede von „Einzeltaten“ und die kollektive Unfähigkeit, die Kontinuität antisemitischer, rassistischer und antifeministischer Ideologien zu erkennen, prägen bis heute den gesellschaftspolitischen Umgang mit rechter Gewalt.
Am 26.10. diskutieren Christina Feist und Tina Nardai darüber, welche Resonanz in Medien und Gesellschaft zu diesen Ereignissen entstanden ist. Moderieren wird Judith Goetz: Welche Perspektiven dominier(t)en die Narrative? Wie wurde und wird mit Betroffenen der Anschläge und ihren Angehörigen umgegangen?
Christina Feist ist Journalistin, Historikerin, Philosophin und Überlebende des Anschlags in Halle. Heute lebt sie in Paris und engagiert sich für die Rechte von Betroffenen.
Tina Nardai ist Burgenland Romni, Journalistin bei Radio MORA und erlebte das Attentat in Oberwart als 11-jähriges Kind. Sie ist Aktivistin und lebt in Oberwart.
Judith Goetz ist Politik- und Bildungswissenschafterin, Gender Forscherin und Rechtsextremismus-Expertin. Sie lehrt und forscht als am Institut für Fachdidaktik im Bereich Geschichte und Politische Bildung an der Universität Innsbruck.
Gemeinsame Veranstaltung vom Verein Gedenkdienst und Prozess Report im Depot Wien.