/ Cross(dress)ing Europe

Etablierung von Queer History als Prinzip von historisch-politischen Studienfahrten zur Geschichte des Nationalsozialismus / Establishing Queer History as a principle of historical-political study trips on the history of National Socialism.

 

Überque(e)rung / Cross(dress)ing geht aus der jahrelangen Erfahrung des Vereins GEDENKDIENST mit historisch-politischer Bildungsarbeit, insbesondere der Durchführung von Studienfahrten an Lern- und Gedenkorte zur Geschichte des Nationalsozialismus hervor. Für ausgeprägte Irritation sorgt dabei immer wieder die fortdauernde Existenz von Trans-, Homo-, Bi- und Interfeindlichkeit sowie Sexismus in der Gegenwart und in historischen Narrativen. Diese Ausschluss- und Diskriminierungsmechanismen sind so weit verbreitet, dass sie Auswirkungen auf jegliche Bildungsarbeit haben. Die Arbeitsgruppe studienfahrten.at geht im Zuge von Überque(e)rung daher der Frage nach, welche Konsequenzen daraus für ihre eigene Arbeit erwachsen – für die Vermittlung der Geschichte des Nationalsozialismus an Lern- und Erinnerungsorten.

 

Denn der Nationalsozialismus stellt zwar in der Geschichte des Ausschlusses und der Verfolgung von Menschen, die heteronormativen Normen nicht entsprachen, eine historisch besonders intensive Phase dar. Die exkludierende Konstruktion von Geschlecht und Sexualität wurde aber im Nationalsozialismus bei weitem nicht erfunden und endet auch nicht mit 1945. Sie hat eine lange Vorgeschichte und eine Nachgeschichte, die bis heute andauert. Sie hat etwa in Österreich und Deutschland Strafgesetze entstehen lassen, die im Nationalsozialismus zur Grundlage für die Verschleppung queerer Menschen in Konzentrationslager dienten. Dieselben Gesetze haben nach 1945 weiterhin für Ausschlüsse gesorgt und wurden erst Jahrzehnte später aufgehoben. Von den gesellschaftlichen Ausschlüssen, die weit über rechtliche Fragen hinausgingen, ist sogar die Erinnerung selbst an die nationalsozialistischen Verbrechen geprägt.

 

Bleibt diese Geschichte von der Konstruktion von Geschlecht und Sexualität, von gesellschaftlichen Ausschlüssen und Verfolgungen in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus unsichtbar, wird Vermittlungsarbeit ihren grundsätzlichen Aufgaben nicht gerecht. Die Herausforderung liegt also darin, heteronormative Erzählungen zu reflektieren, zu überwinden, zu ‚überque(e)ren‘.

 

Lösungen bietet die Queer History mit ihren Fragestellungen und Analysen. Wie kann Geschichte queer gelesen werden? Wie können die Geschichten von queeren Menschen aufgefunden werden? Wie wurden Geschlechternormen konstruiert, die Ausgrenzung und Verfolgung überhaupt erst ermöglichten?

 

Das Projekt Überque(e)rung setzt sich mit der Herausforderung auseinander, wie eine historisch-politische Bildungsarbeit als Prinzip von Studienfahrten verankert werden kann, die sich den Fragestellungen von Queer History verschreibt. Daraus entstehen Konsequenzen für die inhaltliche Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und für den pädagogischen und didaktischen Umgang mit seiner Geschichte. Die Beschäftigung mit diesen Fragen und der Suche nach Antworten ist Kern von Überque(e)rung.

 

Überque(e)rung besteht aus verschiedenen Elementen: Ein Lehrgang für Studienfahrten-Guides, eine Veranstaltungsreihe zu Queer History in Wien, die Konzeption und Durchführung von Workshops und von Studienfahrten. Durch den Lehrgang, der sich über fünf Seminarwochenenden in und außerhalb Österreichs erstreckt, werden fünfzehn neue Guides für Studienfahrten ausgebildet (>>hier geht es zur Bewerbung), die ihre Tätigkeit von Anfang an auch nach queer-historischen Fragestellungen aufnehmen werden. Der Lehrgang stellt nicht nur eine intensive Auseinandersetzung mit der Vermittlung der Geschichte des Nationalsozialismus dar und bedeutet einen engen Austausch mit den Kooperationspartnerinnen*Kooperationspartnern des Projektes. Durch diesen internationalen Austausch wird auch die Diskussion weitergeführt, wie aus vermittlerischer Perspektive mit den Herausforderungen von Queer History umgegangen werden kann. Im Frühjahr 2022 werden die Erkenntnisse aus diesem Prozess in einer Veranstaltungsreihe in Wien aufbereitet.

Konzept und Organisation:
Tobias Aigner (er/sein)

Katharina Bogojevski (sie/ihr)

Tobias Fädler (er/sein)
Christian Hanl (er/sein)

Lena Krainz (sie/ihr)

Nicole Mairhofer (sie/ihr)
Laurin Neidhart (er/sein)

Anton Schulte (er/sein)

 

Projektleitung:
Sebastian Dallinger (er/sein)

Das Projekt wird gefördert von:

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