Verletzliche Menschenrechte
Anleitung zum Widerstehen

1948 verabschiedete die UN-Generalversammlung in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – ohne eine einzige Gegenstimme. Gleich in der Präambel ist die Rede von der „Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen“. Diese bilden „die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt“. Doch wie steht es um die Menschenrechte heute? Aus Anlass des 70sten Jahrestages der Deklaration der Menschenrechte im Dezember 2018 legt die Reihe Geh Denken! dieses Semester einen Schwerpunkt auf Menschenrechtsverletzungen im weitesten Sinne sowie auf Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren und mehr Rechte einzufordern. Gleich im ersten Vortrag setzt sich Elisabeth Holzleithner mit Diskriminierung und Diskriminierungsschutz auseinander, ausgehend von der Geschichte der Menschenrechtsentwicklung. Melinda Tamás bietet ein Argumentationstraining gegen Stammtischparolen – seien diese sexistischer, rassistischer oder antisemitischer Natur. Rubina Möhring widmet sich in ihrem Vortrag der Organisation Reporter ohne Grenzen und denjenigen JournalistInnen, die durch ihre oft lebensgefährlichen Recherchen einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung von Menschenrechten setzen. Im abschließenden Vortrag dieses Semester beleuchtet Gerd Valchars die Auswirkungen eines demokratischen Systems, das einen wichtigen Teil seiner Bevölkerung von politischer Teilhabe und somit politischen Rechten ausschließt

4. Oktober 2018, 13:15

Uhr, Hörsaal C1 (Hof 2), Campus der Universität Wien/Altes AKH (Spitalgasse 2–4, 1090 Wien)

Diskriminierung und Diskriminierungsschutz

 

 

Vor 70 Jahren, am 10. Dezember 1948, wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte angenommen. Sie beginnt mit der feierlichen Proklamierung, dass die Würde aller Menschen und ihre gleichen und unveräußerlichen Rechte anerkannt werden. Gleiche Rechte zu verbürgen bedeutet auch, einen angemessenen Schutz vor Diskriminierung zu gewährleisten. Um dies zu gewährleisten, wurden in den letzten Jahrzehnten etliche nationale und internationale rechtliche Regelwerke erlassen. Der Vortrag widmet sich entlang vieler aktueller Beispiele, die Diskriminierungen u.a. aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Religion, sexuellen Orientierung oder einer Behinderung betreffen, der Frage, inwieweit das rechtliche Versprechen der Gleichheit in der Realität umsetzbar ist bzw. welche Schwierigkeiten und Herausforderungen damit verbunden sind. Das beginnt mit der Definition der jeweiligen Kategorien. Der Bogen spannt sich vom Arbeitsleben über den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen bis hin zu diskriminierenden Werbungen und verhetzender Kommunikation. Dabei wird jeweils diskutiert, inwieweit mit den unterschiedlichen rechtlichen Behelfen das Ziel – Diskriminierungsschutz – tatsächlich erreicht werden kann.

 

 

Elisabeth Holzleithner, Professorin für Rechtsphilosophie und Legal Gender Studies, Universität Wien.

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte der Uni Wien im Rahmen der Ringvorlesung Abbau von exzessivem Nationalismus und Vorurteilen in unserer Gesellschaft von Oliver Rathkolb statt.

7. November 2018, 17–21 Uhr,

Verein GEDENKDIENST (Margaretenstraße 166, 1050 Wien)

Argumentationstraining gegen Stammtischparolen

 

Nicht nur im privaten wie im beruflichen Umfeld, selbst in der Politik scheinen Fremdenfeindlichkeit und Sexismus wieder salonfähig zu sein. Die besten Argumente gegen verletzende Worte fallen uns oft erst im Nachhinein ein. Denn zuerst steigt der Zorn hoch, das Ohnmachtsgefühl. Das Argumentationstraining fördert Zivilcourage und engagiertes Handeln im Alltag. Die Teilnehmenden sammeln zunächst „Stammtischparolen“, also diskriminierende, generalisierte, schlagwortartige Äußerungen. In simulierten Gesprächssituationen „am Stammtisch“ werden mögliche Reaktionsweisen geübt; mithilfe einer anschließenden Analyse sowie Inputs der Trainerin lassen sich Kommunikationsstrategien ausarbeiten. Abgerundet wird das Training durch die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Motive uns in welcher Situation individuell dazu bewegen, zu intervenieren und den Stammtischparolen „Contra zu geben“. Position beziehen sollten wir auf jeden Fall, denn: „Das Böse braucht das Schweigen der Mehrheit“ (Kofi Annan).

 

Melinda Tamás, Trainerin, Wien.

Um ein bestmögliches Training zu garantieren ist dieser Workshop auf max. 20 TeilnehmerInnen begrenzt. Die Plätze werden nach dem first come, first servePrinzip vergeben. Wir bitten um Anmeldung bis 1. November unter: office@gedenkdienst.at

3. Dezember 2018, 19 Uhr,

Depot (Breite Gasse 3, 1070 Wien)

Mundtot. Der gefährliche Kampf um die Pressefreiheit

 

Allein in den letzten zehn Jahren wurden weltweit knapp 700 JournalistInnen getötet. Seit dem Attentat auf Charlie Hebdo schärft sich das Bewusstsein dafür, welche Gefahren gelebte Informationsfreiheit birgt. In ihrem Vortrag richtet Rubina Möhring den Blick auf Personen, die für freie Berichterstattung fliehen mussten, inhaftiert sind oder getötet wurden. Kritische JournalistInnen werden zu militärischen Zielen oder Opfer politischen Kalküls, dienen als Geiseln und werden selbst auf offener Straße ermordet. Über Morde und Inhaftierungen im Umfeld unabhängiger Pressearbeit empört sich die Weltöffentlichkeit. Unbemerkt bleiben oft die Schicksale der Menschen, die zwar Verfolgung und Mord entkommen konnten, aber ihrer Sprache, Stimme und Bewegungsfreiheit beraubt sind.

 

Rubina Möhring, Publizistin und geschäftsführende Präsidentin von Reporter ohne Grenzen, Wien

7. Dezember 2018, 20:15 Uhr,

Top Kino (Rahlgasse 1, 1060 Wien)

Geh Denken! Spezial

Filmvorführung Syria Disappeared. The Case against Assad

 

Die preisgekrönte Dokumentation erzählt die bislang unbekannte Geschichte von Zehntausenden von Männern, Frauen und Kindern, die unter dem Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad in einem Netzwerk geheimer Haftanstalten verschwunden sind. In einem bisher beispiellosen Zugang verfolgt der Film Überlebende der Inhaftierung, Familien von Inhaftierten, ÜberläuferInnen und internationale ErmittlerInnen von Kriegsverbrechen, während sie dafür kämpfen, die TäterInnen vor Gericht zu bringen und verzweifelt für die Freilassung der Verschwundenen zu kämpfen.

 

Regie: Sara Afshar, GB 2017. Im Anschluss Podiumsdiskussion. Geh Denken! vergibt 25 Freikarten.

Anmeldung nach dem first come, first serve-Prinzip bis 1. Dezember 2018 unter: office@gedenkdienst.at.

In Kooperation mit This Human World

10. Jänner 2019, 19 Uhr,

Depot (Breite Gasse 3, 1070 Wien)

Wahlrecht für alle!

 

Der politische Slogan nach einem Wahlrecht für alle in Österreich hat seine Ursprünge in den Wahlrechtskämpfen des 19. und 20. Jahrhunderts, die auf die Ausweitung des Wahlrechts auf alle StaatsbürgerInnen abzielten. 100 Jahre nach Einführung des „allgemeinen“ Wahlrechts hat die Forderung allerdings nichts an Aktualität verloren. Österreichweit sind mittlerweile knapp 15 Prozent, in Wien gar 28 Prozent der Bevölkerung zwar im Wahlalter, aber nicht wahlberechtigt. Die exklusive Bindung des Wahlrechts an die Staatsbürgerschaft und die strengen Regeln der Einbürgerung führen dazu, dass Wohn- und Wahlbevölkerung zusehends auseinanderdriften und ein immer größerer Teil der Bevölkerung von politischer Mitsprache und demokratischer Entscheidungsfindung ausgeschlossen ist. Diese wachsende Wahlrechtslücke stellt ein strukturelles Demokratiedefizit dar; die Demokratie verliert dadurch nicht nur an Inklusivität, sondern maßgeblich auch an Legitimation.

 

Gerd Valchars, Politikwissenschafter, Universität Wien.